Nachtwächter

HORBER NACHTWÄCHTER

Von links nach rechts: Bruno Springmann, Joachim Lipp, Heinrich Raible

Nachtwächterführung beim Horber Advent

Kleine Geschichte der Horber Nachtwächter

1282   Pfalzgraf Otto von Tübingen befreite in einem Privileg als Stadtherr von Horb das Dominikanerinnenkloster unter anderem von der "vigilia" (lat. Nachtwache).

1320  Graf Rudolf I. von Hohenberg befreite die Horber Schaffnerei des Dominikanerinnenklosters Kirchberg in einer Urkunde "für alle stüren und für wachten".

1420   Nach dem Horber Stadtrecht galt für alle Bürger die Wehr- und Wachtpflicht. Der Schultheiß ernannte besoldete Wächter, für deren Bezahlung ein Wachtgeld erhoben wurde. Von der Zahlung des Wachtgelds waren nur die Mitglieder des Stadtgerichts befreit.

1550  Der Horber Nachtwächtereid wurde ins Stadtbuch geschrieben. Die ummauerte Stadt war in vier Wachten eingeteilt. Die Nachtwache zählte zu den 25 besoldeten Diensten der Stadt, die mit etwa 95 Personen besetzt waren, welche immer nach Weihnachten auf dem Horber Rathaus beim Jahrgericht gewählt wurden. Der Nachtwächterdienst war mit dem Amt des Totengräbers verbunden. Für ein Grab, das "sechs werk schuch tieff" ausgehoben werden musste, betrug der "graberlohn" zweieinhalb Schilling.

1670 Die am Beginn der Neuzeit einsetzende Hexenverfolgung verdichtete sich in Horb zu einem besonderen Amt, mit dem die Stadtwächter betraut wurden. Der Nordstetter Jakob Dorn erwarb das Horber Bürgerrecht, indem er sich als "Gassenwächter und Hexenfanger" einstellen ließ.

1725   Das  in der Wintergasse gelegene "Wächter Haüßlin", in das sich die vier Nachtwächter nach dem Wachtläuten zu begeben hatten, wurde beim großen Stadtbrand zerstört.

1806   Nach dem Übergang der Stadt an das Königreich Württemberg erschien die Belohnung für das Zehnuhrläuten unter der Rubrik Besoldung als fester Ausgabeposten in den Stadtpflegerechnungen: „Von Läutung der 10 Uhr Glocke gebührt den Nachtwächtern auf Georgi jeden Jahrs 38 Schilling 3 Kreuzer.“

1818   Beim Verkauf der beiden städtischen Getreidemühlen mussten die Erwerber die Verpflichtung übernehmen, weiterhin das "todten Viertel" abzugeben. Als Totengräber stand jedem der vier Nachtwächter wöchentlich "1 Viertel Mühlfrucht Horber Maas" aus den städtischen Getreidemühlen am Neckarkanal zu. Damit war für jede Nachtwächterfamilie mit ca. 2,5 kg Mehl zumindest das tägliche Brot gewährleistet.

1837   Horbs erste Nachtlaterne erstrahlte am Oberamtsgebäude . Vier Jahre später wurden weitere vier "Öl-Funzeln" in der Stadt aufgehängt.

1853   Der Bezug des so genannten Totenviertels wurde im Zuge der Zehnt- und Gültablösungen aufgehoben. 

1861  In einem neben dem Rathaus gelegenen Wohnhaus wurde das neue Wachthaus mit Wachtstube und Arrestlokal eingerichtet.

1863   Die Stadt erwarb beim Schwenninger Uhrenfabrikanten Bürk eine Nachtwächterkontrolluhr. Zwei Jahre später wurde eine zweite Kontrolluhr angeschafft.

1872   Anstatt vier wurden nur noch zwei Totengräber angestellt. Die Bewerbung um die vier Nachtwächterstellen erfolgte beim Gemeinderat und der Stiftungsrat vergab die zwei verbliebenen Totengräberstellen.

1874    Die vier Horber Nachtwächter erhielten eine neue "Dienst=Instruction", nach der sie "die Stunden an den seither üblichen Plätzen und in seitheriger Reihenfolge pünktlich, laut und deutlich ausrufen" sollten.

1895    35 Glühlampen beleuchteten Horbs Straßen und bezogen ihren Strom aus einem der ersten Elektrizitätswerke im Königreich Württemberg.

1902    Die Verpflichtung, die Stunden laut und deutlich auszurufen, wurde für die Horber Nachtwächter aufgehoben.

1907   Mit der Anstellung eines zweiten Polizeidieners wurde die Zahl der Nachtwächter halbiert. Die beiden Polizeidiener übernahmen abwechslungsweise den Vormitternachtswachtdienst, während die beiden Nachtwächter mit dem Nachmitternachtwachtdienst betraut wurden.

1917    Nach dem Ausscheiden von Nachtwächter und Totengräber Karl Sinz versah Horbs letzter Nachtwächter und Totengräber Franz Rimmele die Nachtwache alleine.

1927    Wilhelm Klink, letzter Vertreter der Horber Bildhauerschule, schuf auf der Wachthausfassade die Malerei mit dem Horber Nachtwächter und dem Polizeidiener. Ein unbekannter Horber Bürger widmete Horbs letztem Nachtwächter zum 25jährigen Amtsjubiläum ein Gedicht.

1937    Der Horber Stadtrat hob zum 1. April die letzte Nachtwächterstelle auf, nachdem die Schutzmannschaft der Polizei mehr und mehr die Hauptlast des Nachtdienstes getragen hatte.

2006    Heinrich Raible, Bruno Springmann und Joachim Lipp belebten mit einem ersten Umgang die jahrhundertealte Horber Nachtwächtertradition.

Die Horber Zehnuhr-Glocke

Während den Nachtwächterführungen ist vom Stiftskirchenturm das traditionelle Horber Zehnuhr-Läuten zu hören, das einstens endgültig auch für die auswärtigen Herbergsgäste in den Horber Gasthäusern die nächtliche Sperrstunde ankündigte. Die so genannte Wachtglocke war die drittgrößte Glocke im Stiftskirchenturm und wurde auch als "Lumpenglocke" bezeichnet, weil sie die letzten Zecher der Stadt ins Bett schickte.

Nachdem das Geläut der Stiftskirche beim großen Stadtbrand des Jahres 1725 zerstört worden war, ließ man im Jahr 1732 von dem Lothringer Nikolaus Rosier in einer Rottenburger Werkstätte eine neue Wachtglocke mit einem Gewicht von 240 kg gießen. Diese musste im Juni 1917 während des Ersten Weltkriegs mit Gott für Kaiser und Vaterland an die Kriegs- und Rüstungsindustrie abgeliefert werden.

Das Zehnuhr-Läuten, das die Horber Nachtwächter „seit unvordenklichen Zeiten“ im Turm der Stiftskirche besorgten, wurde ursprünglich vom Spital zum Heiligen Geist kurz vor Weihnachten am Thomastag (21. Dezember) belohnt. Der Dienst war für die ehemals vier Nachtwächter in der langen Thomasnacht besonders beschwerlich, denn man zählte diese zu den Raunächten, in denen die bösen Geister besonders lange wirksam sein konnten, so dass man den Morgen danach infolge des erhöhten Alkoholkonsums auch den "Kotzmorgen" nannte.

Nach dem Übergang der Stadt an das Königreich Württemberg erscheint das Läuten im 19. Jahrhundert dann unter der Rubrik Besoldung als fester Ausgabeposten in den Stadtpflegerechnungen: „Von Läutung der 10 Uhr Glocke gebührt den Nachtwächtern auf Georgi jeden Jahrs 38 Schilling 3 Kreuzer.“

Als der Vormitternachtswachtdienst 1907 von den beiden städtischen Polizeidienern übernommen wurde, besorgten diese das Zehnuhrläuten. Die Zehnuhr-Glocke verstummte, als das Reichsinnenministerium 1942 den Polizeivollzugsdienst in Horb an die Gendarmerie übertrug und sämtliche verbliebenen Glocken der Stiftskirche dieses Mal für Führer, Volk und Vaterland abgeliefert werden mussten.

In den einstig österreichischen Landen endete am Thomastag die Amtszeit der besoldeten Stadtdiener und gleich nach Weihnachten wurden beim Jahrgericht auf dem Horber Rathaus auch die vier Nachtwächter neu gewählt und vereidigt.

Seit 2006 wird diese Tradition aus vorderösterreichischen Zeiten wieder belebt, indem die Stadt Horb immer am Thomastag die Nachtwächter mit dem Thomaswein beschenkt.

Am Thomastag 2023 bedankte sich Bürgermeister Ralph Zimmermann bei den Horber Nachtwächtern für ihr ehrenamtliches Engagement mit drei Weingebinden in den Stadtfarben Weiß-Rot.

HUTHMACHERS ST(R)ICHELEIEN: Wem am Thomastag welche Stunde schlägt ...             Zeichnung: Dieter Huthmacher
Neujahransingen der Horber Nachtwächter

Das Neujahransingen der Horber Nachtwächter zählt zu den längst vergessenen Heischebräuchen am Jahreswechsel. Nach einer Notiz im Horber Stadtarchiv haben die Nachtwächter von Horb in der Neujahrsnacht ihre äußerst geringe Besoldung dadurch aufgebessert, dass sie den Stadträten und sonstigen Honoratioren das Neujahr ansangen, wofür sie dann von den Betreffenden ein Geschenk bekamen.

Neujahransingen 2019

Lied welches die Nachtwächter in Horb in der Neujahrs=Nacht singen werden

Wohlauf im Namen Jesu Christ,
Das neue Jahr vorhanden ist;
Es lobe jezo Jedermann,
Den, der uns bisher Gut’s getan.

Der ewige und reiche Gott
Ist eine Zuflucht in der Noth;
Er segnet gern, er hilft und gibt,
Wenn man ihn bittet, ehrt und liebt.

Er segne dann die Christenheit,
Den Lehrstand und die Obrigkeit;
Wer sich im Hausstand ehrlich nährt,
Dem werde auch viel Gut’s bescheert.

Es wende seine Vaterhand,
Von uns den Hunger, Krieg und Brand;
Und einen bösen schnellen Tod,
Womit er frechen Sündern droht.

Es schau der Herr der ganzen Welt,
Mit Gnaden auch auf unser Feld;
Es fehle uns und unser’m Vieh
an Nahrung und Gesundheit nie.

Es fließe auch auf dieses Haus,
der Segen Gottes reichlich aus;
Den Alten und den Jungen sey,
Des Höchsten Güte täglich neu.

So hab ich dann in dieser Nacht,
Viel gute Wünsche dargebracht;
Gott mache sie im neuen Jahr,
An uns und allen offenbar.

(Nagolder Intelligenzblatt, Dezember 1836, Seite 592)
Nachtwächter und Totengräber - das Horber Totenviertel
"So wie auch denen Todtengräbern dahier alle Wochen 1 Vrtl Mühlfrucht, das todten Viertel genannt, abzugeben ist." (Versteigerungsprotokoll der unteren Mahlmühle, Horb 1818)
Das Ausmaß an Verachtung, das die Bürgerschaft gegenüber den Nachtwächtern hegte, ließ sich kaum überbieten. Bis in das Zeitalter der Aufklärung zählte der Nachtwächterdienst zu den so genannten unehrlichen Berufen, die gesellschaftlich verachtet waren. Diese berufliche Ehrlosigkeit wurde in Horb noch durch die Tatsache verstärkt, dass der Nachtwächter-dienst stets mit dem Amt des Totengräbers verbunden war, dessen Tätigkeit vor dem Hintergrund alter Tabuvorstellungen besondere Verachtung genoss. Als Totengräber stand den vier Horber Nachtwächtern wenigstens das so genannte Toten-viertel zu, das sie jede Woche aus den beiden am Mühlkanal gelegenen städtischen Getreidemühlen zu beanspruchen hatten und aus „1 Viertel Mühlfrucht Horber Maas“ bestand. Damit war für jeden der schlecht besoldeten Nachtwächter mit ca. 2 kg Mehl zumindest das tägliche Brot gewährleistet.
Nach der Deutschen Revolution 1848/49 wurde das Horber Totenviertel im Zuge der Zehnt- und Gültablösungen 1853 aufgehoben.

Herrn Nachtwächter Franz Josef Rimmele (1870 - 1942)

gewidmet zu seinem 25-jährigen Amtsjubiläum

Heut‘ sind es fünfundzwanzig Jahr‘
Eine lange Zeit fürwahr,
Seit Herr Rimmele in der Stadt
Das Amt des Nachtwächters hat.

 

Mit dem Mantel und der Mütze
An dem Stock ne lange Spitze
In der Tasche die Laterne
So wacht er für uns Bürger gerne.

 

Hirschgaß‘, Neckarstraß‘ und Tal
Sein Stock der rasselt überall,
Man hört ihn Nachts zu jeder Stunde,
Es macht der Wächter seine Runde
.

Er hat dabei auf alles Acht,

Daß keiner groben Unfug macht
Und keiner singt dem Schätzelein
Sonst sperrt ins Wachthaus er ihn ein.

 

Dringt aus einem Wirtslokal
Zu später Stund‘ der Lampe Strahl,
Dann tritt der Wächter leise ein
Es sitzen noch ein paar beim Wein.

 

Er sagt zu ihnen laut und bieder
Die Polizeistund‘ ist vorüber;
Bleibet ihr noch länger sitzen
Dann muss ich den Bleistift spitzen.

Sieht er wo ein Pärchen steh’n
Der Wächter, der hat nichts geseh’n;
Denn bei der Pousiererei
Sagt er – da sei nichts dabei.

 

Trank einer von dem edlen Blut
Der Reben mehr als für ihn gut,
Und kann er nicht mehr gerade steh’n,
Der Wächter, der wird mit ihm geh’n.

 

Ihm sei ein volles Glas gebracht!
Zum Dank, weil er so für uns wacht
und doppelter Gehalt dazu
Auf daß nichts störet uns‘re Ruh‘!



Horber Chronik vom 07.11.1927
Verfasser unbekannt

Die Entdeckung der Horber Pünktlichkeit
Die Nachtwächter vom Kultur- und Museumsverein Horb präsentieren seit November 2008 einen Teil ihrer eindrucks-vollen Nachtwächterkontrolluhrensammlung in einer Vitrine des Stadtmuseums im Bürgerkulturhaus am Marktplatz.
Die Erfindung der tragbaren Nachtwächterkontrolluhr führte 1855 zur Entdeckung der Pünktlichkeit. Mit dieser Uhr schuf Johannes Bürk, der von 1845 bis 1847 mit seiner Familie in Horb gelebt hat, den mechanischen Aufseher und Urtyp aller nach-folgenden Kontrolluhren. Die beginnende Industrialisierung rückte eine neue, größere Zielgruppe als die der Nachtwächter in den Mittelpunkt der Kontrolluhrenindustrie: die Arbeiter und Angestellten. Wie die Nachtwächter wurden auch die Arbeiter und Angestellten an das ‚Hier und Jetzt’ gebunden, an Raum und Zeit, an Fabrik und Arbeitsdauer.
Die Kontrolluhrensammlung umfasst Kontrolluhren, die fast alle von württembergischen Firmen produziert worden sind: BÜRK, ISGUS, BENZING, HAHN, MEYER, AGFA, PALMTAG, JUNGHANS und BAUSER.
Schmuckstücke der Sammlung sind ein Radialapparat, eine Mutteruhr sowie ein Kartenapparat Modell K29, die in der Württembergischen Uhrenfabrik Bürk & Söhne hergestellt worden sind und der Arbeitszeiterfassung dienten.
Seit Oktober 2016 befindet sich in der Horber Sammlung eine Papierscheibenkontrolluhr für 12 Stationen, die von der Würt-tembergischen Uhrenfabrik Bürk Söhne hergestellt worden ist und auf dem Obersalzberg Verwendung fand. Über die Ge-schichte dieses Täterortes informiert das Dokumentations-zentrum Obersalzberg.
Johannes Bürk (1819 - 1872)
Erfinder der tragbaren Nachtwächterkontrolluhr
1841 Nach einer Schreiberlehre in einer Sulzer Notariatskanzlei wagte Bürk den Sprung in die Selbstständigkeit, gründete ein „Commissionsbureau“ und gab in Schwenningen als Redak-teur und Verleger die Wochenschrift „Die Biene“ heraus.

1842 Nach seiner Heirat mit der Schwenninger Bauerntochter Katharina Weyler wurde Bürk der Unterschlagung bezichtigt und unschuldig in Untersuchungshaft gesteckt.

1845 Bürk übernahm auf Vorschlag des Verlegers und Litho-graphen Franz Joseph Steinwand die Redaktion der ersten Horber Zeitung „Die Laterne im Schwarzwald“ und zog mit seiner jungen Familie nach Horb a. N.
1846 Dem von Bürk entwickelten Instrument zum Baum- und Höhenmessen wurde ein königliches Patent erteilt. Die Pro-duktion des „Patentbaummeßers“ übernahmen die Horber „Fabrikanten Raible & Bürkle“.
1847 Nachdem der „Laterne im Schwarzwald“ endgültig die Konzession verweigert worden war, kehrte Bürk mit seiner Familie nach Schwenningen zurück, wo er eine „verbesserte Sorte Granatkartätsche“ und einen „Shrapnel-Zünder“ entwickelte.

1849 Bürk wurde als neues Mitglied des Schwenninger Ge-meinderats zum Ratsschreiber ernannt, der unter anderem auch für die Polizei und die Nachtwache verantwortlich war.

1855 Bürk erfand die “Tragbare Wächter-Kontrolluhr“ und gründete die „Württembergische Uhrenfabrik“.

1858 Bürk baute mit einem Wohnhaus „die Fabrik“, in der 3 Jahre später eine Lehrwerkstätte mit 13 Lehrlingen einge-richtet wurde.

1863 Die Stadt Horb a. N. erwarb ihre erste Nachtwächter-kontrolluhr beim "Fabrikanten Bürk" in Schwenningen, nachdem eine nächtliche Einbruchsserie die Bürger der Stadt beunruhigt hatte.

1866 Die „Württembergische Uhrenfabrik“ beschäftigte 60 Personen und wurde als erste Uhrenfabrik des Schwarzwaldes in das Handelsregister eingetragen.

1868 Bürk wurde im Oberamtsbezirk Rottweil als Abgeord-neter in die Zweite Kammer des Württembergischen Landtags gewählt.

1872 Nach dem Tod von Johannes Bürk übernahm sein Sohn Richard die Führung der Württembergischen Uhrenfabrik Bürk Söhne.
Der Philosoph Friedrich Nietzsche hat als Zeitgenosse das neue Joch der gezählten Zeit in einem Gedicht umrissen:

Gegen die Gesetze

Von heut an hängt an härner Schnur
Um meinen Hals die Stunden-Uhr:
Von heut an hört der Sterne Lauf,
Sonn', Hahnenschrei und Schatten auf,
Und was mir je die Zeit verkünd't,
Das ist jetzt stumm und taub und blind: -
Es schweigt mir jegliche Natur
Beim Tiktak von Gesetz und Uhr.


Friedrich Nietzsche: Die fröhliche Wissenschaft, 1882

In der Sammlung der Horber Nachtwächter finden sich mittlerweile unter den 124 Kontrolluhren gleich fünf Exemplare der seltenen Marke "J. Bürk Patent". Mit dieser tragbaren Nachtwächterkontrolluhr leitete die Württembergische Uhrenfabrik
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter dem Industriepionier Johannes Bürk ihren Aufstieg zu einem bedeutendem Unternehmen der Uhrenindustrie ein.

Zum Radialapparat gesellte sich 2024 eine Mutteruhr sowie ein Kartenapparat mit dem Modellnamen K 29, die ebenso in der Württembergischen Uhrenfabrik Bürk & Söhne produziert worden sind. Damit belegt die eindrucksvolle Kontrolluhrensammlung der Horber Nachtwächter, dass die Pünktlichkeit eine Erfindung des 19. Jahrhunderts ist.
Die Horber Nachtwächterkontrolluhrensammlung dokumentiert das Werden einer deutschen Tugend.

“Time is money.”
Benjamin Franklin (1706 - 1790)

“Zeit zu haben, ist der wahre Reichtum.”
Unbekannter Autor

„Was also ist »Zeit«? Wenn mich niemand danach fragt, weiß ich es; will ich es einem Fragenden erklären, weiß ich es nicht.“

„Die Zeit kam in die Welt und nicht die Welt in die Zeit.“
Augustinus von Hippo (354 – 430)

„In der einen Hälfte des Le-bens opfern wir die Gesund-heit, um Geld zu erwerben; in der anderen opfern wir Geld, um die Gesundheit wieder zu erlangen. Und während dieser Zeit gehen Gesundheit und Leben von dannen.“
Voltaire (1694 - 1778)

„Dreifach ist der Schritt der Zeit: Zögernd kommt die Zu-kunft hergezogen, pfeilschnell ist das Jetzt entflogen, ewig still steht die Vergangenheit.“
Friedrich Schiller (1759 – 1805)

„Alles besiegt die Liebe, alles erreicht das Geld, alles endet mit dem Tode, alles ver-schlingt die Zeit.“
Aus Spanien

„Ein bisschen Zeit ist nicht für viel Geld zu kaufen.“
Aus China

„Wer den ganzen Tag arbeitet,
hat keine Zeit, Geld zu verdie-nen.“

John D. Rockefeller I. (1839 - 1937)

„An Zeit fehlt es uns vor allem dort, wo es uns am Wollen fehlt.“
Ernst Ferstl
"Wer keine Zeit hat, ist ärmer als der ärmste Bettler."
Aus Italien

„Wenn der Tod kommt, hat der Reiche kein Geld, der Arme keine Schulden mehr.“
Aus Estland

„Menschen, die nur »Zeit ist Geld« verstehen, sind arme Kreaturen, denn sie haben den Sinn des Lebens nicht verstanden.“
Walter E. Strahm

„Zeit ist Geld? Zeit ist viel mehr als Geld!“
Gerhard Kocher

„ai laik Gleitzeit“
Hengstler GmbH, Aldingen

Die Leute, die niemals Zeit haben, tun am wenigsten.
Georg Christoph Lichtenberg






Nachtwächter auf der Horber Wachthausfassade,
gemalt von Wilhelm Klink, 1927

Horber Nachtwächtereid
(Horber Stadtbuch um 1550)
Den umbgenden Wächter geit der Bürgermeister den aidt wie nachvolgt
Erstlich wann man abents uff die Wacht leüt sollenn die vier Wächter alls baldt onn allen verzug im Wächter haüßlin erscheinen / unnd die stunden wie der gebrauch ordenlich rüeffen unnd sich uff der gassen allenhalben wol umbsehen unnd nit mit dem Umbgang eilen, sonder den Wächtern uff den Thurmen, auch ordenlich und wie bißher der gebrauch gewesen rüeffen / unnd welcher inen nit entgeiht, den Burgermeister gleich morgens anzaigen, Item wann sie die Wächter inn der statt fewer spüren / das schaden oder nachteil bringen möchte, das sollen sie dem Amptman unnd Burger=Wachtmeister fürderlich anzaigen unnd die Leüt da sie das fewer argwönisch findenn, desgleichen die Nachpurn darumb ufmerkhen / damit schad unnd nachteil sovil müglich verhüet beleib / Wann aber feyers geschray usserhalb der statt Horb, inen anzaiget wirt, sollen sie das dem Amptman unnd Burgermeistern fürderlich anzeigen / unnd sonst kein geschray machen / Item wann nachts Windt ufstanden, sollen sie die Burger wacht, der ordnung nach vor und mitternacht bietenn, unnd wan sie uff der gassen im Umbgeen argwönisch Leüt finden, sollen sie die Wächter dießelben anfallen, unnd handthaben unnd dem allem bey irem geschworenen aiden Nachkhommen, Getrewlich unnd Ungevarlich.

Straff deren Die bey Nacht über der Stat Porten oder mauren auß= undt einsteigen
Welcher bey der nacht muetwillig oder leichtfertiglich ein oder außsteigandt, betreten oder erkhundigt wurd der oder dieselben sollen nach gestalt der sachen ernstlich gestraft werden.

Straff deren Die die Wächter in der Stat zue vergwältigen und zue schlagen understehen
Welcher bey der Nacht auffsäzlich unnodt undt ehrhafft ursachen, die Wächter von der obrigkait gesezt, auff den gaßen under-stehen zuvergwältigen, zueschlagen undt mit worten oder thaten, frävenlich handt an sie zuelegen, oder aber, ab irer wacht zuetringen, der soll nach gestalt der sachen ernstlichen an Leib oder Guet gestraft werden.

(Stadtarchiv Horb B 169/3)
Nachtwächterruf in Horb
Horber Chronik vom 12.08.1860:
"Da viele hiesige Einwohner den jezigen Wächterruf nicht oder nicht recht verstehen, so glauben wir Manchem unserer Leser einen Gefallen zu erweisen, wenn wir denselben nachstehend veröffentlichen."
Dabei orientierten sich die Horber Nachtwächter offensichtlich am Wächterruf von Johann Peter Hebel (1760 - 1826).
10 Uhr
Loset, was will i Eu saga?
Der Hammer hot zehne g'schlaga.
Jezt betet und noh gehnt in's Bett,
Und wer a ruhig's G'wissa hät,
Schlof' sanft und wohl; em Himmel wacht
A heiter Aug' die ganze Nacht.

11 Uhr
Und wer no bei der Arbet schwizt,
Und wer no bei de Karta sizt,
Deam biet i jezt zum leztamol,
'S ischt hohe Zit und schlofet wohl!

12 Uhr
Und wenn no' in der Mitternacht
A Gmüath in Schmerz und Kummer wacht
So geb' am Gott a ruhige Stund'
Und mach' es wieder froh und g'sund.

1 Uhr
Und wo uf Satans G'heiß und Roth
A Dieb uf dunkla Pfada goht,
(I will's nit hoffa, aber g'schieht's)
Gang hoam, der himmlisch' Richter sieht's.

2 Uhr
Und wenn scho wieder, eh's noh tagt,
Die schwere Sorg' am Herze nagt,
Du armer Tropf, dei Schlof ist hi,
Gott sorgt, es wär' net nöthig g'si.

3 Uhr
Die Morgenstund' am Himmel schwebt,
Und wer in Fried' den Tag erlebt,
Dank's Gott und fass an frischa Muath,
Und gang ans G'schäft und halt se guat!
4 Uhr
Wach' auf vo deinem Sündaschlof,
Ermuntre dich, verirrtes Schoof
Und bess're bald Dei Leba;
Wach' auf, es isch scho hohe Zeit
Scho rückt heran die Ewigkeit
Dir deinen Lohn zu geba!
Video Horber Nachtwächter
Fotos: Marcus Michel, Karl Heinz Kuball, Herbert Kress, Stefan Reichel
Spendenaktionen der Horber Nachtwächter
Seit 2006 sammeln die Horber Nachtwächter Spenden nicht nur für den Kultur- und Museumsverein oder ihre Nachtwächterkontrolluhrensammlung, sondern auch für andere Organisationen und Vereine, die soziale oder kulturelle Zwecke verfolgen:


Lebenshilfe Horb/Sulz e. V. - Horber Tafel (Caritas) - Restaurierung der Wachthausfassade - Sterntaler Horb - Sozialstation Horb -   Kolpingsfamilie Horb - Nachsorgeklinik Tannheim - Antonie-Leins-Künstlerhaus - Förderverein Stiftskirchenorgel - DRK-Kreisverband Freudenstadt - Altenpflegeheim 'Bischof Sproll' - Stiftung Jüdischer Betsaal Horb - AWO-Ortsverein Horb - Schlossförderverein Nordstetten - Katholische Kirchengemeinde Mühringen -  Rexinger Heimatbuch - Förderverein Stadtbücherei - DRK Ortsgruppe Bildechingen - Förderverein der Roßbergschule - Evangelische Kirchengemeinden Horb und Mühlen - Förderverein Heimat und Kultur in Börstingen - Jakobusfreunde im Katholischen Dekanat Freudenstadt - Projekt Zukunft - Aktion Drachenei - Weckruf Horber Haufen - Altenpflegeheime 'Ita von Toggenburg' und 'Bischof Sproll' - Evangelische Kirchengemeinden Horb und Mühlen - Kirchengemeinde Heilig Kreuz Horb - Restaurierung von Heiligenfiguren aus der Horber Bildhauerschule in der Pfarrkirche St. Patricius zu Heiligenzimmern


Bislang konnte Vereinskassier Stefan Reichel
rund 10000 € an Spendengeldern übergeben.

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